Von Linsenrasterfilm, Filmsplittern und Perforiermaschinen.
- So hieß auch der Artikel in der
Cine 8 -16
Hier habe ich die Möglichkeit, die
im Beitrag erwähnten Filme auch vorzustellen. Daher weicht diese Seite
ganz bewusst vom Artikel ab und soll als Ergänzung dienen. Der
blaue Textteil dient hier eigentlich nur als
Einleitung ........
Wer einmal mit dem Filmhobby, sei es als aktiver Filmer – als Vorführer oder als
Sammler, infiziert wurde, den lässt es nicht mehr los. Vermutlich ist das für
diejenigen die diesen Bericht lesen nicht wirklich neu. Auch wenn man sich
vielleicht für etwas besonders interessiert, oder sich spezialisiert hat, so
wird man doch in den meisten Fällen auch andere Lektüre, die sich mit dem Thema
Film befasst, gerne lesen. Nicht selten staunt man dann, was es alles gibt, oder
was man noch nicht gewusst hat. Und oft ist man dann auch über die Vielfalt der
( entwicklungs- ) technischen Möglichkeiten verwundert. Sicherlich ist es auch
schon vielen so gegangen, dass sie dann so von einem Thema fasziniert waren und
nicht davon los gekommen sind. So ging es mir, als ich “ Die Farben des Films “
von Gert Koshofer in Händen hielt. Sozusagen als Entwicklungszeitreise
beschreibt das Buch, welches es leider nur noch in Antiquariaten gibt, neben den
bekannten Farbfilmverfahren auch viele die keine so weite Verbreitung gefunden
haben. Und so wurde ich auf den Linsenrasterfilm aufmerksam. Ein frühes
Verfahren – erste Experiment bereits 1906 - als es noch keine chemischen
Farbfilme gab. Die Farben wurden also mit Schwarz-Weiß-Material aufgenommen. Das
kannte ich zwar von Technicolor, aber das Prinzip ist ein ganz anderes. Auch
wäre es zu einfach von DEM Linsenrasterverfahren zu sprechen, da es, wie bei den
meisten Verfahren, verschieden Entwicklungsstufen von mehreren Herstellern gab.
Bis 1937 wurden z.B. 16mm Schmalfilme für Amateure unter den Namen Kodacolor und
Agfacolor als Linsenrasterfilme vertrieben.
Allen
Linsenrasterfilmverfahren liegt die additive Farbmischung zugrunde, wonach sich
aus den 3 Grundfarben ( rot, grün und blau ) alle anderen Farben mischen lassen.
Aber wie bekommt man diese Grundfarben auf ein Schwarz-Weiß-Trägermaterial.
In das Zelluloid wurde vor der vor der lichtempfindlichen Schicht ein
Linsenraster eingeprägt. Was sich so einfach anhört benötigt aber höchste
Präzision, da dieses Raster natürlich nur mikroskopisch klein ist. Bei der
Aufnahme wurde dann ein Farbfilterobjektiv vor die Aufnahmelinse der Kamera
gesteckt. Diese teilte das Bild in 3 Strahlengänge, wodurch die
Farbinformationen getrennt voneinander auf dem Schwarz-Weiß-Material belichtet
wurden.
Die Projektion erfolgt genau umgekehrt. Durch das Linsenraster wird der
Lichtstrahl zum passenden Farbfilter gelenkt. Auf der Leinwand wird aus den
einzelnen Farbinformationen wieder die Ursprungsfarbe gemischt.
Physikalisch ist die Reihenfolge der drei Grundfarben sowie deren Ausrichtung (
also horizontal oder vertikal ) nicht relevant, einen homogenen Anteil je
Grundfarben kann man als logisch voraussetzten. Es steht zu Vermuten, dass immer
eine vertikale Anordnung des Farbfilters gewählt wurde, dies würde sich auch mit
der Prägerichtung des Rasters decken. Voraussetzung für eine farbenrichtige
Vorführung ist allerdings, dass der Farbfilter genau dem bei der Aufnahme
verwendeten entspricht und dieser auch exakt ausgerichtet wird.
Das Prinzip schien mir verständlich, doch wie das wohl in der Praxis ausgesehen
haben mochte ? Irgendwann habe ich mich mit Hans Peter Schmitz ( Ratingen -
inzwischen in Leezdorf, "dass ist da wo andere Urlaub machen" :-) ), bei
dem ich mich auf diesem Wege für die vielen tollen Informationen bedanken
möchte, über das Verfahren unterhalten. Nicht schlecht gestaunt habe ich, als er
mir sagte, solch einen Film schon gesehen zu haben. Kurz darauf hielt ich eine DVD in Händen, die auch eine Kopie eines Privatfilms von 1931 enthielt. Günter
Stark aus Düsseldorf hat unter dem Titel “ Wiederntdeckt und vorgeführt “
bereits 1990 eine Dokumentation erstellt. Er berichtet wie er durch Zufall an
eine Kopie aus dem Nachlass von Walther Bever-Mohr gekommen ist und wie er die
Voraussetzungen für eine Vorführung geschaffen hat. Herr Bever-Mohr war in den
1950ern Präsident des Bund Deutscher Filmamateure e.V. . In einer Autobiografie
berichtet Herr Bever-Mohr 1931 seine ersten Farbfilme auf Kodakcolor
Linsenrasterfilmmaterial aufgenommen zu haben. Und genau einer dieser Filme lag
jetzt in den Händen von Günter Stark. Aufgefallen ist ihm dieser
Schwarz-Weißfilm durch zunächst unerklärliche gleichmäßige Streifen, eben das
Raster, und die Beschriftung Kodakcolor. Einer Projektion in schwarz-weiß stand
nichts im Wege, doch die Herausforderung bestand darin dem Film die Farben zu
entlocken. Herr Stark erhielt nach langem Suchen von einem Kameramann des WDR
einen alten Kameravorsatz. Diesen nutzte er als Basis um einen
Projektionsvorsatz für seinen Siemens Projektor 2000 zu fertigen. Hierbei kommt
es natürlich sehr auf die Genauigkeit der Ausrichtung und Breite der
Farbstreifenfolien an. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar ob die Anordnung
der Farbfolien denen des bei der Aufnahme verwendeten Filters entsprachen. In
diesem Fall stimmte die vertikale Anordnung der Farben rot, grün und blau, so
dass sich das Ergebnis, im wahrsten Sinne des Wortes, sehen lassen konnte.
Natürlich waren die Farben nicht so brillant wie man sie heute kennt. Aber es
war eine Farbfilmvorführung.
Es gibt also noch eine lauffähige Kopie eines Linsenrasterfilms. Nein, eben
keine Kopie. Genau das war ein Problem welches wohl letztendlich nicht zufrieden
stellend gelöst werden konnte. Obwohl es mehrere hundert Patente gegeben haben
soll. Durch das feine Zusammenspiel zwischen Linsenraster und Farbfilterobjektiv
ist es nur mit sehr großem Aufwand möglich gewesen die Filme, mit der
Farbinformation, zu kopieren. Eine leichte Verschiebung des Rasters führt zu
entsprechenden Farbfehlern. Obwohl auch einige wenige Kinofilme mit dieser
Technik produziert wurden, fand der Linsenrasterfilm, auch Farbenfilm genannt,
eben eher im Amateurbereich Anwendung. Und ein solcher Amateurfilm war die
Quelle der Dokumentation von Herrn Stark.
Da auch Filmschrumpfung zwangsläufig zu Farbfehlern führt, war es umso
erstaunlicher die Farben der Dokumentation zu betrachten. Ein Beweis für die
Farbstabilität des Linsenrasterfilms. Dazu kommt, dass die Dokumentation 1990 –
also gut 60 Jahre nach der Aufnahme des Linsenrastermaterials – teilweise in
Super 8 erstellt wurde und nochmals für die DVD abgefilmt worden ist. Wie mochte
da wohl das Bild auf der Leinwand ausgesehen haben ?
Im März 2009, also fast noch mal 20 Jahre später, habe ich dann Herrn Stark
besucht . Und was ich erlebte hat mich nachhaltig fasziniert. Das Herr Stark
bezüglich seiner handwerklichen Fähigkeiten nicht als ungeschickt bezeichnet
werden durfte war mir natürlich bereits nach dem Video klar. Aber wie weit die Liebe zum Film gehen
kann, und was dadurch gepaart mit Handwerkskunst möglich werden kann, wurde mir
an diesem Tag mehrfach bewusst.
Als erstes durfte ich mir eine Vorführung des in der Dokumentation vorgestellten
Linsanrasterfilms ansehen. Ein ganz besonderes und beeindruckendes Erlebnis,
dass man hier auch nur schwer beschreiben kann. Für mich war es historisch!
Schließlich ist dieser Film jetzt beinahe 80 Jahre alt – und in Farbe. Die
Bilder – die man zwangsläufig von der Leinwand abfotografieren muss – geben nur
einen kleinen Eindruck von den Farben. Auch ist die mangelnde Schärfe auf der
Leinwand nicht vorhanden.
Selbstverständlich musste auch mal
der Farbfilter während der Vorführung abgenommen werden. Es wurde schwarz-weiß,
na klar - die Rasterstruktur fällt dabei deutlicher auf.
Der Film wurde auf dem von Herrn Stark umgebauten Siemens Projektor 2000
vorgeführt. Eine selbst entworfene Motor- und Projektionslichtsteuerung, sowie
der aus Autoradios bestehende modifizierte Verstärker, waren nur die Vorboten
dessen was Herr Stark sonst noch so alles drauf hat.
Angefangen hat seine Filmleidenschaft vor langer Zeit. Bereits seine Hochzeit
1954 hielt er auf Schmalfilm mit einer Normal 8 Eumig C 4 Kamera fest. Diese
Kamera, die übrigens einen elektrischen Antrieb besitzt, wurde extra für diesen
Anlass angeschafft. Es sollten noch weitere folgen.
Für die Siemens Kameras mit ihren typischen Filmkassetten baute er sich eine
Ladevorrichtung. Mit dieser ist es möglich die damals üblichen 30m Spulen auf 2
mal 15m passend für die Siemenskassette umzuspulen.
Da Herr Stark teilweise seine Filme im Zweibandverfahren nachvertont, und dazu
ein 8mm Cordlaufwerk verwendet, mangelte es ihm irgendwann an passendem
Magnetfilm. Da es einfacher ist 16mm Magnetfilm zu erhalten, entwickelte er
kurzerhand einen Filmsplitter. Konsequenter Weise wollte er den unperforierten
Abschnitt nicht entsorgen und baute sich eine Perforiermaschine. So erhält er
aus 200m 16mm Magnetfilm 400 m in 8mm.
Nicht besonders verwunderlich erscheint da, dass auch eine Maschine zur
Bespurung von Filmen von ihm entwickelt und gebaut wurde. Natürlich für 8 und 16
mm Material. ( auch im Film: Das braune Band der Filmamateure )
Aber bei einem Besuch in der kleinen Werkstatt traute ich dann meinen Augen
nicht. Stand doch dort ein selbst gebauter 35mm Projektor. Vom
Malteserkreuzgetriebe bis zum Gehäuse alles Markes GS. Optisch hat sicherlich
der Siemens Projektor 2000 Pate gestanden, dessen Fuß und Verstärker auch
verwendet wurden.
Ein Film, der den Bau dieser Maschine dokumentarisch beschreibt, ist natürlich Ehrensache.
"35mm Heimkino"
hat er diesen Film von 1990 genannt.
Damit aber noch nicht genug im 35mm
Bereich. 1992 baut Herr Stark eine
“
TK 35
“
nach seinen Bedürfnissen um. In diesem Film stellt er den Projektor vor.
Aber das war noch lange nicht alles. Herr Stark hat immer wieder aktiv
Dokumentationen erstellt. Früher auf Super 8, heute nutzt er Video. Dabei hat er
nicht nur seine Projekte dokumentarisch begleitet. Oft hat er einen historischen
Abriss der Technik des Films aufgegriffen.
"Tönende Schrift"
ist ein 20 minütiger Film über
Tonaufzeichnungsverfahren von den Anfängen mit Eddisons Sprachapparat über Lichtton
bis zum Magnettonverfahren. Diesen Film hat Herr Stark bereits 1977 produziert.
“
Das braune Band der
Filmamateure “,
ein Film von 1990, ist eine sehr schöne Dokumentation
der unterschiedlichen Verfahren der Magnettonaufzeichnung für
Schmalfilmer.
2004 produziert Herr Stark
“
Ein Funke verändert die
Welt
“
und zeigt darin die spannende Entwicklung von den ersten Langwellensignalen bis
zur heutigen Mobilfunktechnik. Zur Verdeutlichung in seinen Filmen fertigt Herr
Stark oft funktionstüchtige Modelle an. Auch diese überzeugen durch ihre
Präzision und Ausdruckskraft.
1956 war bei Herrn Stark eine
“Schallplattenselbstaufnahme“
nicht so ungewöhnlich wie es heute klingen mag. Dieser Film zeigt die
Herstellung eines Tonträgers. Diesen hat die heutige Generation, im
mp3-Zeitalter, vielleicht noch nie selbst in der Hand gehalten.
2001 fragte Herr Stark
“
Wie kommt das Bild auf Band ? “
Selbstverständlich erklärt er dies ( also die Videoaufzeichnung ) in gewohnter
Weise. Von den Anfängen der Fernsehtechnik bis zur VHS-Kassette.
Ein Filmfreund der seinem Namen alle Ehre macht.
Echt Stark! - Herr Stark.
Was auf dieser Seite natürlich nicht
fehlen darf ( und zwar ganz exklusiv mit der Hintergrundmusik und den
Kommentaren von Herrn Stark - denn in dieser Version lässt er sich nämlich bei youtube nicht
hochladen ) ist der Film über das Linsenrasterverfahren mit den original
Farbaufnahmen aus dem Jahr 1931. Viel Freude bei :
An dieser Stelle auch noch mal
einen herzlichen Dank an Günter Stark, für den freundlichen Empfang und einen
faszinierenden Tag, dafür dass ich das gesamte Material veröffentlichen darf,
für die freundliche Unterstützung bei anderen Projekten und und natürlich für
die vielen netten Gespräche und Briefe.
Ein Riesendankeschön geht auch an
Hans Peter Schmitz für den Kontakt, für die Umwandlung der Filme, für die
Unterstützung an dieser Seite vieles, vieles mehr.
Der Beitrag in der Cine 8-16 endete
mit einer Frage, Was noch fehlt ist eine Autobiografie als Film - wie wär´s Herr Stark ??
Auch wenn es vermessen wäre einen
Bezug zu der rhetorischen Frage zu unterstellen: zuerst schrieb Herr Stark ein
"Drehbuch", dann begann die Suche nach passendem Material - welches im Film
Verwendung finden sollte. Im Frühjahr 2013 war sie dann tatsächlich fertig, die
"
Erinnerung an mein Leben"
Dieser Film bekommt mit dem Tod
von Herrn Stark eine besondere Bedeutung, daher